Zur Frage
der
Zufuhrwege in Russland. <...> Der regierungsseitige jährliche Zehn-Millionenfonds. ......................................................... 80
ZUR FRAGE DER ZUFUHRWEGE IN RUSSLAND
I.
Allgemeine Einleitung.
n einer längeren Reihe von Jahren hat Verfasser an der publizistischen Behandlung der
wirthschaftlichen Fragen des Russischen Reiches lebhaften Antheil gehabt. — Manchem der Leser
vorliegender Studie dürften die verschiedenen Arbeiten, die Verfasser in der Petersburger deutschen
Presse, theils auch in besonderen Broschüren veröffentlicht hat, bekannt geblieben sein. — Seit dem
Jahre 1890 hat Verfasser seine freie Zeit fast gänzlich der litterarischen Thätigkeit entziehen müssen;
die Ursache hierfür lag theils auf privatem, in der Hauptsache aber auch auf geschäftlichem Gebiet. <...> Auf letzterem war Verfasser seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre in eine neue Spezialität
hineingekommen : in diejenige der Anlage sogenannter schmalspuriger Industrie- und
Feldeisenbahnen, für welche Spezialität derselbe sich immer mehr erwärmte, dank den Verhältnissen,
die sich ihm darboten. — Hatte Verfasser ursprünglich auch nur den kleinsten Typ solcher Anlagen in
den Bereich seiner Interessensphäre gezogen, so trat doch bald zu Tage, dass in Russland der
Gesichtskreis für dergleichen Anlagen wesentlich erweitert werden musste. <...> Die räumlichen
Verhältnisse, welche in Russland in Betracht kamen, liessen die einzelnen Objekte in stets grösserer
Proportion erscheinen; das Objekt eines Schienenweges erstreckte sich in dem einzelnen Falle stets auf
eine Entfernung von ebenso viel „Dekaden" wie in Westeuropa von „Einheitenöü“ von Werst. <...> Bei der geschäftlichen Behandlung dieser grösseren Objekte stellten sich deren Realisirung die <...>
Zur_Frage_der_Zufuhrwege_in_Russland.pdf
Zur Frage
der
Zufuhrwege in Russland.
Nationalökonomische Studie
von
F r. Ho c h ,
St. Petersburg.
Berlin 1896.
E r ns t S i e g fr i e d M i t t l e r u nd S o hn
Königliche Hofbuchhandlung
Kochstrasse 68-71.
Стр.1
Alle Rechte aus dem Gesetze vom 11. Juni 1870 sowie
das Uebersetzungsrecht sind vorbehalten.
Стр.2
Inhaltsverzeichniss.
I.Allgemeine Einleitung. ............................................................................................................... 5
II. Zum historischen Entwickelungsgang der Frage der Zufahrwege in Russland. ...................... 7
III.Zum Gesetz über die Zufuhrwege vom 14. April 1887. ........................................................ 13
IV. Was ist ein Zufuhrweg? ........................................................................................................ 20
Die schiffbaren Ströme und Flüsse ......................................................................................... 23
Das Chausseewesen in Russland............................................................................................. 24
Chausseen und Landstrassen und /oder Schienenwege. .............................................................. 28
V. Zur Entwickelang der Schmalspurbahnen. im Auslande. ...................................................... 31
Die Koniglich Sächsischen Staats-Schmalspurbahnen. .......................................................... 36
Die K. K. Bosnabahn............................................................................................................... 42
VI. Das Spurmaass der Eisenbahnen........................................................................................... 46
VII. Die bisherige Entwickelung der Schmalspurbahnen in Russland in der Praxis. ................. 53
Die Lage der Privatanschlussgleise in Russland. .................................................................... 65
Die neueste regierungsseitige Initiative. ................................................................................. 70
VIII Die Irinowka-Zufurhrbahn. ................................................................................................. 72
Die Oka—Penkin-Zufuhrbahn. ............................................................................................ 75
Die Gräflich Scheremetjewsche Waldbahn................................................................................. 78
Allgemeines................................................................................................................................. 79
IX. Der regierungsseitige jährliche Zehn-Millionenfonds. ......................................................... 80
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ZUR FRAGE DER ZUFUHRWEGE IN RUSSLAND
I.
Allgemeine Einleitung.
I
n einer längeren Reihe von Jahren hat Verfasser an der publizistischen Behandlung der
wirthschaftlichen Fragen des Russischen Reiches lebhaften Antheil gehabt. — Manchem der Leser
vorliegender Studie dürften die verschiedenen Arbeiten, die Verfasser in der Petersburger deutschen
Presse, theils auch in besonderen Broschüren veröffentlicht hat, bekannt geblieben sein. — Seit dem
Jahre 1890 hat Verfasser seine freie Zeit fast gänzlich der litterarischen Thätigkeit entziehen müssen;
die Ursache hierfür lag theils auf privatem, in der Hauptsache aber auch auf geschäftlichem Gebiet.
Auf
letzterem war Verfasser
seit der zweiten Hälfte der 80er
Jahre in eine neue Spezialität
hineingekommen : in diejenige der Anlage sogenannter schmalspuriger Industrie- und
Feldeisenbahnen, für welche Spezialität derselbe sich immer mehr erwärmte, dank den Verhältnissen,
die sich ihm darboten. — Hatte Verfasser ursprünglich auch nur den kleinsten Typ solcher Anlagen in
den Bereich seiner Interessensphäre gezogen, so trat doch bald zu Tage, dass in Russland der
Gesichtskreis
für
dergleichen Anlagen wesentlich erweitert werden musste. Die räumlichen
Verhältnisse, welche in Russland in Betracht kamen, liessen die einzelnen Objekte in stets grösserer
Proportion erscheinen; das Objekt eines Schienenweges erstreckte sich in dem einzelnen Falle stets auf
eine Entfernung von ebenso viel „Dekaden" wie in Westeuropa von „Einheitenöü“ von Werst.
Bei der geschäftlichen Behandlung dieser grösseren Objekte stellten sich deren Realisirung die
verschiedensten Schwierigkeiten entgegen, infolgedessen Verfasser naturgemäss auf den Weg eines
intensiven Studiums der einschlägigen Verhältni8se gedrängt wurde.
Dieses Studium führte zu der tiefen Ueberzeugung, dass die Frage der billigen und einfachen
Lokalbahnen sozusagen den ersten Rang unter den Fragen der ökonomischen Entwickelung des
Russischen Reiches einnehmen sollte. Verfasser hörte vor Jahren von einem befreundeten, mit
Russlands Verhältnissen intimst vertrauten Manne den Ausspruch: „N i c h t E l e v a t o r e n ;
ni c ht
H д fe n;
di e V e rbe s s e run g
ni c ht
D a rl e he n
i m S t a nde ,
uns e r er al t en und der A us bau neu e r
a uf G e t re i de , ode r a nde r e
s o
di e Me l i ora t ion unse re s F l us s s y s t e m s ; ni c ht
nüt z l i c he Ma a s s re g e ln si nd
z u he l fen wie der Ausbau von
s ehr der B e völ ke r u n g
Zufuhrwegen . — Ehre und Ruhm gebührt denjenigen Staatsmännern, welche dieser einfachen, aber
wichtigen Frage helfen mit ihrem Machteinflusse.“
Unbestreitbare Wahrheit liegt in diesem Ausspruch! Je mehr Verfasser sich in die Materie
vertiefte, um so mehr musste derselbe die Berechtigung dieses Ausspruchs anerkennen. Es hat auch
nicht an Staatsmännern gefehlt, welche dieser Frage der „Zufuhrwege“ eine grosse Bedeutung
zuerkannt haben.
Immer aber wurde offiziell und offiziös betont, dass ohne e i ne rüh r i ge
P r i va t i ni t i a t i ve nichts zu erreichen sei.
Für die Privatinitiative war aber die Sache einerseits viel zu viel terra incognita; andererseits bot
sie nicht denjenigen rasch durch die Börse realisirbaren Vortheil, welchen das Kapital heutzutage von
allen Privatunternehmungen erwarten zu können glaubt; der Privatinitiative bot und bietet sich dar in
dieser Frage eben nur ein Objekt, welchem jeder spekulative Charakter fern liegt, und welchem sich
nur langsamer, aber dafür sicherster Nutzen und Gewinn erschliesst.
Unter diesen Verhältnissen hat sich Verfasser zu der Veröffentlichung vorliegender Studie
entschlossen. Seit geraumer Zeit trug sich derselbe mit dem Gedanken, mit einem Ueberblick zu dieser
Frage hervorzutreten. Es fehlte demselben auch nicht an wiederholten direkten Anregungen — aber es
gebrach demselben an der nöthigen Zeit, um die vielseitigen Materialien und die langjährigen
Eindrücke zu sichten, sie in ein einigernaassen gedrängtes System zu bringen; ausserdem musste
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FR. HOCH
Verfasser fürchten, dass — solange derselbe geschäftlich interessirt — ihm der Einwand, er spräche
pro domo, gemacht würde. Seit nunmehr bereits längerer Zeit dem speziellen Geschäftsinteresse
entzogen, konnte Verfasser gegenwärtig sowohl die nöthige Musse auf die Sache verwenden, als auch
mit der nöthigen Objektivität sich aussprechen.
Nicht jeder der geehrten Leser wird nur und a u s s c h l i e s s l i c h Neues finden; für jeden
aber dürften die Details in einem oder dem anderen Theil vorliegender Studie Interesse haben.
Verfasser hat absichtlich die „technische" Seite der grossen Frage der Zufuhrwege für Russland
ganz ausgeschlossen, in striktem Gegensatze zu den ziemlich zahlreichen Werken, mit denen die
Litteratur des Auslandes versehen ist in Bezug auf „Neben-, Lokal-, Klein-Bahnen etc.“ — was Alles
bei uns in Russland sich in dem einen Worte „Zufuhrwege“ konzentrirt. Verfasser ist der Meinung,
dass die „ökonom i s c he “Seite der Frage ge n e re l l klar sein muss; in zweiter Reihe muss dann
das
„technischen" Prinzipien müssen und werden sich den volks- und privatwirthschaftlichen Interessen
sowohl generell als speziell anpassen können.
Eine derartige Behandlung der Materie vom rein nationalökonomischen — nicht vom
technischen — Standpunkt schliesst von vornherein die Möglichkeit einer Prinzipienpolemik aus,
welche nirgends hemmender und unfruchtbarer, als wenn sie auf das Gebiet des Technikers übertragen
wird.
Von diesen Gesichtspunkten aus übergiebt Verfasser die vorliegende Studie der Oeffentlichkeit.
Dieselbe erscheint in „deutscher Sprache“, weil sie berechnet ist nicht auf ein grosses Publikum,
sondern auf einen bestimmten Kreis von intelligenten Leuten, denen in Russland die ausländischen
Sprachen erfahrungsgemäss ebenso geläufig sind, wie die einheimische russische Sprache, während im
Auslande aber den Interessenten die Kenntniss der russischen Sprache fast durchgängig fehlt.
Wenn auch vorliegende Arbeit hauptsächlich für
russische Kreise bestimmt ist, so dürfte
dieselbe doch auch für das Ausland einigen Werth besitzen. In der ausländischen Litteratur finden sich
überhaupt keine oder nur die allerspärlichsten Hinweise auf das, was in Russland auf dem wichtigen
Gebiete der Zufuhrwege vorging und vorgeht. So entbehrt auch das unlängst — 1895 — im Auftrage
des Königlich Preussischen Ministeriums der
öffentlichen Arbeiten vom Regierungsbaumeister
Friedrich Müller heraasgegebene umfangreiche Werk „ Grundzüge des Kleinbahnwesens“ fast jeder
Nachricht über Russland.
Auch Kommerzienrath und Generaldirektor A. Haarmann hat in seiner ganz unlängst
herausgegebenen verdienstvollen litterarischen Arbeit »Die Kleinbahnen" (1896 bei Siemenroth und
Troschel, Berlin, erschienen) für Russland nur die allerdürftigsten Daten über Russland einschalten
können (Seite 44/45 seiner Arbeit), augenscheinlich aus Materialmangel.
Bei der internationalen Bedeutung, welche das Verkehrswesen heutzutage in der ganzen Welt
einnimmt, dürfte daher das Vorhandensein vorliegender Studie gerade in „deutscher“ Sprache nicht
ohne Werth sein; die interessirten russischen Kreise, welche — wie bereits gesagt — den Vortheil
vielseitiger Sprachkenntniss vor den übrigen Nationalitäten voraus haben, werden daher die Wahl der
deutschen Sprache wohl in gewohnter liebenswürdiger Weise würdigen.
S t . P e t e r s b u r g , Januar 1896.
Fr. Hoch.
„kommerziell-finanzielle" Prinzip f ь r d e n E i n z e l f a l l entscheidend sein, — die
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